Tiesler steht mit seiner Einschätzung nicht alleine da. Zwar gibt es in Deutschland noch kein Regelwerk, das Gebiete ausweist, die in Zukunft nicht mehr bebaut werden dürfen. Eine sogenannte Hochwassergefahrenkarte für das Ahrtal weist aber immerhin Zonen aus, die auch in Zukunft von Fluten besonders gefährdet sind. Tatsächlich dürfen in der von der Flut letzten Jahres zerstörten Gemeinde 34 Gebäude nicht wieder aufgebaut werden. Zu hoch wäre das Risiko, dass die Katastrophe sich wiederholt.
„Jeder, der ein Haus bauen möchte, sollte sich darüber informieren, ob das Grundstück in einem Hochwasserrisikogebiet liegt. Wenn ja, rate ich dringend davon ab, dort zu bauen“, zitiert der Business Insider Holger Schüttrumpf, den Leiter des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der Universität Aachen. Der Professor prognostiziert, dass Hochwasserereignisse künftig nicht mehr alle 100, sondern alle 50 Jahre oder noch häufiger auftreten werden. In Mecklenburg-Vorpommern sagte ein Sprecher des Umweltministeriums, es müsse damit gerechnet werden, dass in ungefähr 80 Jahren manche Landesteile aufgrund des steigenden Meerwasserspiegels dauerhaft nicht mehr genutzt werden könnten. Schon heute investiert das Bundesland jährlich rund 24 Millionen Euro in seinen Küstenschutz.
Zwar sind die Experten sich weitgehend einig, dass vor allem mögliche Hochwasserlagen bei der Standortwahl für Immobilien stärker berücksichtigt werden müssten. Aber auch andere Faktoren könnten zukünftig eine Rolle spielen.
Die Folgen der Klimakrise treten in Deutschland Jahr für Jahr immer deutlicher in Erscheinung. Europa durchlebt diesen Sommer seine größte Dürre seit vielen Jahrzehnten. Waldbrände sind nur eine der vielen verheerenden Folgen der großen Trockenheit. Was sie für Mensch und Umwelt bedeuten, zeigte sich in den vergangenen Jahren immer wieder an Beispielen wie den Bränden in Kalifornien, Australien, Sibirien und vielen anderen Teilen der Welt. Dramatische Bilder von in Flammen stehenden Häusern, geflüchteten Menschen vor glutrotem Himmel und verbrannten Koalabären gingen um die Welt.
Auch hierzulande dürften solche Bilder in den kommenden Jahren mehr und mehr zur Gewohnheit werden, wenn extreme Hitzeperioden auf geschwächte Ökosysteme stoßen. Deutschlands Eichen, Fichten und Buchen sind krank. Rund 80 Prozent der Bäume befinden sich laut des aktuellen Waldzustandsberichts in besonders schlechter Verfassung. Die gestiegenen Temperaturen setzen besonders den Monokulturen schwer zu.
Auf Nachfrage des Business Insiders heißt es aus dem Umweltministerium Brandenburg, dass bei der Bauplanung künftig “Risiken durch Dürre, Stürme, Insektenschäden im Wald und ein massiv gestiegenes Waldbrandrisiko” bedacht werden müssten. Vor allem Standorte nahe den Kieferwäldern seien gefährdet.
Brandenburg ist berüchtigt für seine sandigen Böden. Dennoch ist das Ausmaß von Hitze, Trockenheit und sinkendem Grundwasserspiegel neu. Unter den Bundesländern ist Brandenburg bislang am schwersten von Waldbränden betroffen. Laut der Waldbrandstatistik der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung verlor es in den letzten fünf Jahren rund 700 Hektar Wald bei durchschnittlich 310 Bränden jährlich.
Prognosen, welche Regionen in Deutschland am stärksten von den Klimakrisenfolgen betroffen sein könnten, gibt es längst. Vergangenes Jahr veröffentlichte das Umweltbundesamt eine sogenannte Klimawirkungs- und Risikoanalyse. Darin werden die Berechnungen des Weltklimarats IPCC auf Deutschland heruntergebrochen. Besonders Deutschlands Osten und Südwesten müssen sich demnach Mitte (2031 bis 2060) und Ende des Jahrhunderts (2071 bis 2100) auf eine Zunahme an Extremwetterlagen einstellen.