Gelungenes Sozialprojekt in der BER-Region: Wenn „Schwester Agnes“ mit der Elektroschwalbe kommt … 

Möglichst lange in den eigen vier Wänden wohnen können: Das wünschen sich ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger ganz besonders. Mobile Pflegekoordinatorinnen sind da hochwillkommen. Foto: Adobe Stock.

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Sie ist eine Ikone des DDR-Films: Schwester Agnes knatterte in der DEFA-Produktion auf ihrem blauen Moped – der nicht minder berühmten „Schwalbe“ – durch die Lande und kümmerte sich um alle, die ihre Hilfe brauchten....

Dieses Modell der Gemeindeschwester erlebt gerade ein echtes Comeback. So auch in den vier Gemeinden Eichwalde, Zeuthen, Schulzendorf und Schönefeld. Damit zeigt die BER-Region Herz und Verstand bei der Sozialbetreuung für Senioren. Ein Modellprojekt, das bald schon Schule machen dürfte.  

Die Anspielung an Schwester Agnes, die in dem DEFA-Klassiker aus dem Jahr 1975 von Agnes Kraus verkörpert wurde, könnte stilechter nicht sein. Genau wie die beliebte Filmfigur brausen auch ihre modernen Nachfolger auf einer Schwalbe durchs Land – nur, dass das Moped jetzt einen E-Motor hat. Man muss ja mit der Zeit gehen. Im Film ist die Gemeindeschwester im Auftrag von Hausärzten unterwegs und kümmert sich im Dorf um Kranke und Hilfsbedürftige. Dabei überzeugt sie mit Berliner Schnauze und viel Herz 

Schwester Agnes 2.0

Das Sozialprojekt fußt auf dem Förderprogramm „Pflege vor Ort“ in Brandenburg. Es unterstützt Kommunen finanziell, sich mit eigenen Initiativen daran zu beteiligen. Für dieses und andere Projekte stehen landesweit immerhin 5,6 Millionen Euro bereit. Die Idee der Gemeindeschwester schien den Initiatoren des Projektes „Kümmern im Verbund“ aber so gut, dass sie das Projekt auch gleich als „Schwester Agnes“ bezeichneten. Die Hauptzielgruppe weiß sofort, was damit gemeint ist. Zustimmung und Unterstützung sind dem Projekt damit sicher. In den vier Gemeinden, die vom Start dabei sind, sind immerhin rund acht Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner über 80 Jahre alt.

Berühmtes Vorbild: Schwester Agnes wurde in dem DEFA-Film von 1975 von der beliebten Berliner Volksschauspielerin Agnes Kraus verkörpert. Bertolt Brecht holte sie in sein Berliner Ensemble. Foto: MDR

Organisationstalente auf der Elektroschwalbe

Für Ältere gibt es so viele Dinge, zu denen sie Fragen haben, so vieles ist zu organisieren. An wen wendet man sich? Wer weiß Rat? Diesen Job übernehmen die Pflegekoordinatorinnen von „Kümmern im Verbund“. Sie bieten wöchentliche Sprechstunden an und machen mit ihren Elektroschwalben auch Hausbesuche. Sie sind keine Pflegekräfte oder gar Ärzte, sondern sie sind Organisationstalente und mobile Beraterinnen, die sich kümmern. Daher kommt wohl auch der Name des Projektes. Sie hören zu, haben für alle Fragen ein offenes Ohr, beraten und unterstützen zum Beispiel bei der Beantragung einer Pflegestufe sowie bei Behördengängen. Außerdem helfen sie beim Ausfüllen von amtlichen Formularen. Das Internet ist für manche der älteren Damen und Herren ein Buch mit sieben Siegeln – auch hier helfen die Schwester-Agnes-Nachfolgerinnen.

Hausbesuch mit Fernsehkamera

Sogar ins Fernsehen hat es das Projekt gebracht. In einer Ausgabe der Tagesthemen begleitet ein Kamerateam die Sozialpädagogin Antje Schulz vom Projekt im brandenburgischen Eichwalde zu einem Hausbesuch. Es geht um einen Pflegeantrag, um die für das ältere Ehepaar, beide sind 84 Jahre alt, unerreichbar hoch angebrachten Rauchmelder und um ein gutes Gespräch. Antje Schulz hat sich nach dem letzten Besuch informiert, hat recherchiert und erklärt den beiden Klient:innen ganz genau, was sie beachten müssen und füllt gemeinsam mit ihnen den Pflegeantrag aus. „Das hilft uns enorm, weil man dadurch die Unsicherheit verliert“, bekräftigt das Paar, wie wertvoll das Projekt für sie ist.

Zunächst gab es aber wohl noch Erklärungsbedarf: „Den bedürftigen Senioren muss vermittelt werden: Da gibt es Hilfe, für die man sich nicht schämen muss“, sagte Schulzendorfs Rathauschef, Markus Mücke zu Beginn des Projektes. Es gäbe zwar bereits viele Hilfsangebote – aber sie seien teilweise nicht sichtbar für die Senior:innen. Auch die Nachfolger von Schwester Agnes mussten zunächst die Werbetrommel rühren und sich brieflich an alle über 80-Jährigen der vier Gemeinden wenden. Das lief offenbar so gut, dass sie mittlerweile gut bekannt sind.

Gruppenbild mit Elektroschwalben: Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher (3. von links) informierte sich in der Gemeinde Eichwalde über das Projekt „Kümmern im Verbund“ Foto: Privat

Vorzeigeprojekt in Brandenburg

Möglichst lange in den eigen vier Wänden wohnen können: Das wünschen sich ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger ganz besonders. Sozialministerin Ursula Nonnemacher ist entsprechend erfreut über das Erfolgsprojekt: „Wenn wir gemeinsam Pflege- und Unterstützungsstrukturen vor Ort ausbauen, wenn Betroffene und Angehörige schnell und unkompliziert vor ihrer Tür Hilfe bekommen, dann tragen wir gemeinsam dazu bei, dass Ältere möglichst lange selbstbestimmt in ihrem vertrauten Umfeld leben können“, denn „Pflege ist eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen vor der wir stehen. Wir in Brandenburg investieren konsequent, passgenau und zielgerichtet in die Pflege der Zukunft. Und die Pflege der Zukunft ist eine ‚Pflege im Quartier‘. Genau dort, wo die Menschen leben und alt werden möchten.“ Eine lebendige Kommune benötigt auch eine aktive Sozialberatung. Sie ist ein wichtiger Baustein für ein sicheres Leben und Wohnen in der Region.

Informieren Sie sich über die Entwicklung der BER-Region anhand unserer Standortanalyse.

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